Die Accelerate Academy ist eine Plattform für neues Arbeiten und neues Lernen. Sie arbeitet deutschlandweit mit Unternehmen zusammen, die sich mitten in ihrer Transformation befinden. Die Kernfrage lautet: Wie bekommen wir das Wissen, das wir für Digitalisierung und Transformation benötigen, in die Unternehmen hinein? Es geht also darum, wie sich organisationales Lernen und die Kommunikation in den Unternehmen verändert. Die Gründerin Inga Höltmann experimentiert mit Formaten, durch die die Unternehmen kollaborativ, co-kreativ – kurz: digital – lernen können. Ziel ist es, dass es Unternehmen gelingt, sich in einen Zustand konstanten Lernens und vernetzter Kommunikation zu versetzen.
„Heute vermehren wir Wissen nicht, indem wir es sammeln und zurückhalten – dafür veraltet es viel zu schnell – sondern wenn wir es teilen, verstehen, verknüpfen und dadurch nutzbar machen.“ Inga Höltmann
Babbel for Business (BfB): Du hast vor einem Jahr die Accelerate Academy gegründet, eine Plattform, auf der Du Unternehmen, Institutionen und Experten zusammenbringst. Wie funktioniert das?
Inga Höltmann: Die Accelerate Academy ist wie ein Organismus. Uns verbindet der Wunsch, eine neue Wirtschaft zu bauen: digital, nachhaltig, zukunftsweisend. Wir realisieren verschiedene Formate: Manchmal arbeite ich eng und vertraulich mit den Unternehmen zusammen, manchmal verknüpfe ich sie über ihre Organisationsgrenzen hinweg, um neue Formen des Lernen auszuprobieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zukunft schon in den Unternehmen liegt – und ich helfe ihnen, die Potenziale, die in ihnen verborgen sind, zu erkennen und zu heben. Das funktioniert vor allem dann, wenn die Organisationen sich an ihren Peripherien öffnen, auch wenn das auf den ersten Blick ein wenig paradox klingt. Aber heute vermehren wir Wissen nicht, indem wir es sammeln und zurückhalten – dafür veraltet es viel zu schnell – sondern wenn wir es teilen, verstehen, verknüpfen und dadurch nutzbar machen. Das ist ein radikaler Wandel zu wirtschaften, der da gerade vor sich geht.
BfB: Sharing, Co-Kreation und Kollaboration heißen die Weiterbildungstools. Wie sieht das konkret aus?
Inga: Es ist vor allem die Haltung, mit der wir in diese Transformationsprozesse gehen: Fest daran zu glauben, dass Menschen geben können und wollen, und dass Wissen mehr wird, wenn man es teilt. Wir schaffen Formate, in denen Menschen miteinander lernen können, in denen sie neue Arten der Zusammenarbeit ausprobieren können. Denn in Zukunft wird Lernen und Arbeiten eng verschränkt sein – wer lernt, arbeitet. Wenn wir also heute neue Formen der Kollaboration ausprobieren, bereiten wir den Boden für neues Lernen.
BfB: Die Accelerate Academy ist auch ein Raum für eine gesunde „Fehlerkultur”. Seit Jahren wird diese gepriesen: Medien schreiben über Startups, die besonders gut „failen”, Fuck-up-Nights gibt es inzwischen überall. Trotzdem fühlt sich die Auseinandersetzung oft oberflächlich an. Was denkst du, wie weit ist Deutschland inzwischen wirklich bei diesem Thema?
Inga: Ich begrüße es, dass Scheitern popkukturell so „cool“ geworden ist. Denn scheitern oder stolpern gehört zu jedem Lernprozess dazu. Doch so hip scheitern manchmal abends auf einer Bühne sein kann, so wenig ist davon oftmals in den Unternehmen zu entdecken. Ich sehe in den Unternehmen noch immer viele Ängste und Unsicherheit, wie mit Fehlern umzugehen ist. Dass Fehler zu machen integraler Bestandteil eines Lernprozesses ist, haben noch nicht alle verinnerlicht. Und das ist sehr schade, denn wir werden ja in Zukunft noch viel mehr und viel schneller und vor allen unablässig lernen müssen. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Erkenntnis in Zukunft über Erfolg und Misserfolg ganzer Unternehmen entscheiden wird. Ich wünsche mir, dass wir die Angst vor Fehlern ablegen und gleichzeitig lernen, wie wir mit solchen Situationen fruchtbar umgehen können.
BfB: Beratungsangebote für Weiterbildung zum Thema New Work und Transformation scheint es inzwischen viele zu geben. Was hat dich, gerade als Journalistin, dazu bewogen die Accelerate Academy zu gründen?
Inga: Ich bin tatsächlich über meine journalistische Arbeit in das Feld gekommen, das stimmt: Zu meiner Überraschung stellte ich nämlich irgendwann fest, dass sich die Fragen über die Branchen hinweg dann doch ziemlich ähneln. Und dass es noch viel mehr Fragen als Antworten gab. Doch ich hatte Einblick in so viele Unternehmen, kannte so viele Role Models und Vordenker, dass es irgendwann nahe lag, dieses Wissen auch anderen zugänglich zu machen. Schließlich ist es mit ein bisschen Gleitzeit oder Home Office im Bereich New Work noch lange nicht getan. Meine journalistischen Kenntnisse und Fertigkeiten kommen mir dabei sehr zugute. Ich bin nicht nur sehr gut vernetzt und tief im Thema, sondern auch noch eine Kommunikationsexpertin – und Digitalisierung ist im Kern auch eine Kommunikationsaufgabe. Wir stehen am Anbeginn einer radikalen Umwälzung unserer Art zu leben und zu arbeiten, es ist der Beginn einer ganz individuellen organisationalen Lernreise – und mit uns reist man nicht allein.
BfB: “Lasst uns gemeinsam die Arbeitswelt verändern. Mit digitaler Führung”, schreibst du auf der Website. Was bedeutet digitale Führung?
Inga: Digitale Führung ist eine Form von Führung, die in diese volatile und sich schnell verändernde Zeit passt. Das Besondere ist, dass sie losgelöst von hierarchischen Strukturen ist, und auch Selbstführung zulässt: Digitale Führung, oder Digital Leadership, wie sie auch oft genannt wird, geht nicht von oben nach unten, sondern ist reziprok auf das Umfeld bezogen.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram anEin Beitrag geteilt von Inga Hoeltmann (@ihoelt) am
BfB: Was heißt das genau? Kannst du konkretisieren, wie sich die Rollen von Chefs und Managern verändern?
Inga: Die Welt da draußen ist zu komplex, als dass das noch einzelne Führungspersonen überschauen könnten. Doch es wandeln sich nicht nur die Parameter, innerhalb derer wir handeln, sondern es findet auch gerade ein Wertewandel statt: Das Selbstverständnis der Organisationen verändert sich und ebenso das in ihnen vorherrschende Menschenbild. Das hat Auswirkungen auf die Führung. Unternehmen können es sich gar nicht mehr erlauben, ihre Mitarbeiter in starre Aufgabenrollen zu drängen, sondern sollten Räume schaffen, in denen sie auch andere Fähigkeiten sichtbar machen können.
„New Work geht nur mit echten Commitment.“ Inga Höltmann
BfB: Führungskräfte sind also eher Lotsen?
Genau. Gute Führung lotst hindurch, schafft Schutzräume, hilft eine Lernkultur zu etablieren. Moderne Führung ist für mich elementar im Zusammenhang mit New Work, das eine geht nicht ohne das andere. Denn New Work ist eine Reise, auf die sich jedes Unternehmen machen muss. Das ist nichts, das man einfach so einführen kann, sondern es ist ein so tiefgreifender Wandel, ein Eingriff in die DNA einer Organisation – dafür gibt es keine Rezepte, sondern das geht nur über ausprobieren und annähern. Und ohne eine Führung, die genau das erkennt und entsprechend handelt, wird man irgendwo unterwegs einfach vom Weg abkommen und aufgeben – New Work ist nämlich anstrengend. Wo es keine Patentrezepte gibt, wird es mühsam. Deshalb geht New Work auch nur mit echtem Commitment.
BfB: Wie sieht die Unternehmensführung von morgen aus?
Ich bin fest davon überzeugt, dass Unternehmen in Zukunft nur dann erfolgreich sein werden, wenn sie in Reaktion auf ihre Umgebung, die immer komplexer wird, ihre eigene Komplexität erhöhen. Das bringt andere Organisationsstrukturen mit – und sorgt auch dafür, dass sich starre Hierarchien auflösen und Verantwortung anders verteilt wird. Flache Hierarchien oder vernetzte Organisationsstrukturen sind also mehr als eine Mode, die wir gerade sehen. Vielmehr sind sie tatsächlich die besten Strukturen für moderne und digitale Unternehmen.
Inga Höltmann ist Expertin für die Themen Kulturwandel in Unternehmen, New Work und Digital Leadership. Sie ist Gründerin der Digital-Leadership-Akademie “Accelerate Academy”, einer Plattform für Neues Arbeiten und neues Lernen, und ausgebildete Wirtschaftsjournalistin, zu ihren Auftraggebern gehören der Berliner Tagesspiegel und der Deutschlandfunk Kultur. Bekannt ist sie auch für ihren erfolgreichen Newsletter über Kulturwandel in Unternehmen, neue Arbeit und moderne Führung und ihren beiden Podcasts zur Zukunft der Arbeit. Twitter: @ihoelt
Foto: Axel Kuhlmann
Haben Sie Fragen zu unserem Sprachlernangebot? Kontaktieren Sie uns – unser Team von Babbel for Business hilft Ihnen gerne weiter.